ALTE PFERDE MÜSSEN UMSORGT SEIN

 

Die Pferdepopulation in der Schweiz ist steigend. Noch nie gab es nach der Auflösung der Kavallerie so viele Pferde wie heute. War das Pferd zu dieser Zeit ein Nutz- und Arbeitstier, ist es heute Sport- und Freizeitpartner. Naturgemäss waren diese Pferde alt. Bedeutete das in vergangenen Zeiten sehr oft das Todesurteil für das Tier, so geht es im heutigen Umgang darum, auch körperlich eingeschränkten Vierbeinern einen schönen Lebensabend zu bieten. Dafür braucht es Altersweiden, welche sich mit den Bedürfnissen älterer Pferde auskennen und passende Angebote wie Futter, Weiden und Stallungen bieten.

 

Der Fichtenhof in Laufen BL erfüllt all diese Anforderungen in wunderbarer Umgebung, nur 20 Kilometer von Basel entfernt. Sämtliche Pferdestallungen und Laufhöfe sind so grosszügig angelegt, dass sie die Anforderungen des STS-Labels erfüllen. In einem persönlichen Gespräch mit Ruth Weber-Zbinden bekam PASSION einen tieferen Einblick rund um die Alters-, Reha- und Ferienweide. Das vielfältige Angebot an Dienstleistungen und Kursen richtet sich explizit an ältere Pferde und deren Halter. Ruth Weber kann eine beeindruckende Liste absolvierter Aus- und Weiterbildungen vorweisen. Für sie ist diese Weiterbildung nicht nur Pflicht, sondern persönliche Bereicherung – ihr Anspruch an optimale Betreuung und eine zufriedene Kundschaft ist hoch.

 

Bekommt sie eine Anfrage für ein neues Pferd, nimmt sie sich gerne viel Zeit für ein ausführliches Vorgespräch mit dem Besitzer. Das ideale Alter, um ein Pferd auf eine Altersweide umzustellen, liegt bei rund zwanzig Jahren. Es gibt aber auch jüngere Pferde auf dem Fichtenhof, die aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr geritten werden können.

 

Vielen Besitzern fällt es nicht leicht, ihren geliebten Freizeitpartner in fremde Hände abzugeben. Deshalb müssen sie überzeugt sein, dass der gewählte Hof die Bedürfnisse ihres alternden Vierbeiners perfekt erfüllt. Umso wichtiger ist deshalb der persönliche Kontakt. Bei einem ersten Besuch freut sich Ruth Weber auch über aktuelle Fotos des neuen Pferdes, um einen ersten Eindruck zu gewinnen.

 

Nach der Ankunft auf dem Fichtenhof kann das Pferd in einer separaten Interaktionsbox in aller Ruhe erste Kontakte zu seinem neuen «Gspänli» knüpfen. Nun braucht es Zeit und Geduld, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. In dieser Phase beobachtet Ruth Weber das Verhalten in der Herde ganz genau:

 

«Wir haben zwei ältere Stuten, deren Geduld und Gelassenheit dem Neuzugang das Einleben erleichtern.»

 

Nach und nach werden weitere Pferde eingegliedert, bis die Aufnahme in die Grossherde reibungslos vonstattengeht. Das kann sehr schnell gehen – oder sich über mehrere Monate hinziehen. Für Ruth Weber ist das ultimative Glücksgefühl, wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist.

 

Ein Blick auf die Infrastruktur des Fichtenhofs:
Das heutige Konzept der Altersweide wurde 2008 unter Mitwirkung von Dr. Iris Bachmann (Agroconcept) entwickelt. Die rund 36 Hektar grosse Anlage bestehen aus abwechslungsreichen Auslaufzonen, Offenställen, Hecken, Bäumen und Weideabschnitten, die je nach Gruppe angepasst werden. Überall stehen Wassertränken zur Verfügung, und Unterstände schützen vor Wetterextremen. Ein speziell abgestimmtes Fütterungs- und Mineralstoffkonzept sorgt dafür, dass alte Pferde gesund bleiben. Erfahrene Mitarbeiter übernehmen die tägliche Pflege, koordinieren Impfungen, Entwurmungen und Zahnkontrollen und stehen den Besitzern jederzeit beratend zur Seite.

 

Quelle der Fotos: Fichtenhof Laufen BL
PASSION 4 • 3/2023


Artgerechte Pferdehaltung mit viel Raum und Platz

Die Pferde auf dem Fichtenhof in Laufen leben in einer grossen gemischten Herde. Viel Wert legt Ruth Weber auf eine seriöse Integration in die Herde und das Vertrauen seitens der Besitzer. Mit viel Herzblut kümmert sie sich um die Alters- und Ferienpferde und sieht die tägliche Arbeit um die Pferde als eine Bereicherung.

  

"Und letztes Jahr durften wir mit grosser Freude die Auszeichnung ‹Der Gute Stall› beim Kavallo-Wettbewerb entgegennehmen“, ergänzt Ruth Weber, welcher der persönliche Kontakt zu ihren Kunden oberstes Anliegen ist. So investiert sie viel Zeit und Geduld in die Pflege und Beobachtung der Pferde, denn auf einer Altersweide gibt es immer Tiere, die zusätzliche Medikamente oder andere Massnahmen benötigen.
"Das Verhalten der Pferde zu beobachten, ist für mich etwas Wunderbares. Ihre Gestik und ihre Sprache zu verstehen, ist faszinierend. Immer sind die Begegnungen mit neuen Integrationspferden anders und doch findet jedes Tier seinen Weg in die Herde. Auch sehr alte Pferde behalten ihren Platz in der Gruppe und werden von ihren Artgenossen respektiert.“

 

 

"Zeit lassen, ist das Wichtigste, denn die Umstellung ist immens für das Pferd, und eine Integration kann von einem bis zu 365 Tagen dauern. Ich will die Pferde ‹lesen›, ob sie in ihrer neuen Umgebung gestresst oder zufrieden sind. Ein Pferd muss zuerst begreifen, dass es jetzt zu Hause ist.“ Regelmässig werden Infomails an die Besitzer gesandt, um diese auf dem Laufenden zu halten.

 

2Denn glückliche, ausgeglichene Pferde und zufriedene Pferdebesitzer – dies ist unser Ziel. Die Altersweide soll der letzte Platz für ein Pferd sein, bevor es in Würde gehen kann. Das Pferd hat sich seit Jahrtausenden in seinem Grundwesen nicht verändert. Schauen wir hin, lernen davon und versuchen, dieses wunderbare Wesen nicht zu vermenschlichen.“

 

 

Die Lage des Betriebes ist ideal für alte Pferde, denn die Weiden sind überdurchschnittlich gross und flach. Die Alterspferde geniessen ganzjährigen Weidegang mit Sommer- und Winterweiden, und die Idee ist, dass sie sich den ganzen Tag mit anderen Artgenossen frei bewegen können. Sämtliche Liegeflächen sind grosszügig angelegt, haben mehrere Ein- und Ausgänge und werden mit Strohmatratzen bewirtschaftet. Diese bieten guten Liegekomfort und bleiben bei sorgfältiger Pflege hygienisch. Trennwände geben den Pferden Rückzugs- und Ausweichmöglichkeiten. Im Offenstall mit drei grossen Liegeflächen können rund 30 Pferde beherbergt werden. Die neu gebauten Kleingruppenboxen für mindestens zwei Pferde sind so grosszügig angelegt, dass sie sich auch für Reha- und Ferienpferde bestens eignen.

 

„Wir produzieren sämtliches Heu für unsere Pferde auf dem eigenen Hof, Getreide wird angebaut und somit ein Teil der benötigten Strohmengen selbst erzeugt. Auf unserem Betrieb werden nur Einzelfuttermittel eingekauft. Täglich produzieren wir frisches Mash und legen grossen Wert auf individuelle Fütterung, dem Pferd und der Jahreszeit entsprechend angepasst“, erklärt Stefan Weber.

 

 

Ruth Weber hat eine kaufmännische Lehre in einer Handelsfuttermühle der fenaco abgeschlossen und eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert sowie die BVET-anerkannte Ausbildung zur Pferdehalterin. Der regelmässige Besuch von Pferdefachtagungen ist ihr sehr wichtig, denn so kann sie den Betrieb stets auf dem neusten Stand halten. Mit der Dressur- und Springlizenz nahm sie in jungen Jahren an Turnieren teil, später erwarb sie das Fahrbrevet im NPZ.

 

„Auf unserem Hof züchten wir im kleinen Rahmen Freiberger, und dieses Jahr haben wir erstmals die Springstute unseres Sohnes gedeckt“, erzählt die 55-Jährige, deren Leidenschaft neben Pferdeveranstaltungen das Wandern in den Bergen und Treffen mit Freunden ist.

 

Auch ihr Mann Stefan hat das Fahrbrevet und in Avenches den Pferdepflegekurs absolviert. Der 56-jährige Agronom FH hat bei der Pferdeverkaufsschau von Jean-Jacques Funfschilling in Lully mitgearbeitet und war Trainsoldat in Luziensteig mit eigenem Pferd.

 

 

Die 24-jährige Tochter Anja hat das Reitbrevet klassisch, die Ausbildung zur Primarlehrperson und betreut das Projekt „Rund ums Pferd“ mit Kindern auf dem Bauernhof. Ihr Bruder Andreas ist Landmaschinenmechaniker in Ausbildung zum Landwirt EFZ, verfügt über Fahrbrevet und Springlizenz und kümmert sich um den Maschinenpark und in der Freizeit um seine Warmblutstute Gleniss. Zusätzlich helfen ein polnischer und ein afghanischer Mitarbeiter mit, beide angelernte Hilfskräfte.

Der Hof wurde 1890 erbaut und 1962 von Ruts Vater von seinen Eltern übernommen.

 

„Nach einigen Jahren Fremdverpachtung bewirtschaften wir den Hof nun in der dritten Generation seit 2005 in Eigenregie. Die vielen Besuche in Le Roselet haben mich dazu bewogen, eine Altersweide zu halten. Mit einem gut durchdachten Projekt unter Mithilfe von Iris Bachmann aus Avenches haben wir 2008 die ersten drei Alterspferde aufgenommen. Wir haben den Hof im Alter von 40 Jahren übernommen – ein gewagter Schritt. Heute bin ich sehr dankbar, dass die ganze Familie mich unterstützt. Mein Wunsch ist, dass unser Hof im Familienbesitz bleibt. In welcher Form die nächste Generation übernimmt, wird sich zeigen, doch Pferde werden immer eine wichtige Rolle in unserem Leben spielen.“